Aktuelle Urteile zum häuslichen Arbeitszimmer

Vier Finanzgerichte haben sich aktuell mit Sachverhalten beschäftigt, die für die Beraterpraxis von Bedeutung sein könnten.

Durchgangsraum in den Gartenbereich

Ist das Arbeitszimmer nicht von den Wohnräumen getrennt, kann nicht von einer nur untergeordneten Bedeutung der privaten Mitbenutzung ausgegangen werden. Nach einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 02. Februar 2011 kommt in diesem Fall auch kein Abzug nur eines Teils der Aufwendungen in Betracht. Das gilt, wenn das heimische Büro zum Durchgang in den anderen Wohnbereich genutzt werden kann oder es den alleinigen Zugang zu Terrasse und Garten bietet. In diesem Fall ist das Arbeitszimmer nicht ausreichend gegenüber den anderen Räumen abgeschlossen. Dies spricht dafür, dass es nicht nur beruflich genutzt wird.

Ein Abzug beim häuslichen Arbeitszimmer setzt grundsätzlich voraus, dass es nahezu ausschließlich beruflich oder betrieblich genutzt wird, da es sich bei Kosten für die eigene Wohnung grundsätzlich um solche der privaten Lebensführung handelt. Eine private Mitbenutzung ist lediglich ausschließbar, wenn gewährleistet ist, dass Arbeits- und Wohnbereich getrennt nutzbar sind. Das gilt sowohl in Hinsicht auf eine Durchquerung als auch den Zutritt in den Außenbereich.

Eine Aufteilung der Kosten analog der BFH-Rechtsprechung zu gemischt veranlassten Reisen ist auch nicht möglich. Reisekosten unterscheiden sich von den grundsätzlich verzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung. Anderenfalls ließen sich theoretisch auch Aufwendungen etwa für bürgerliche Kleidung, Brille oder Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit durchaus entsprechend aufteilen. Derartige Aufwendungen sind aber grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 und 9 EStG entzogen. Entsprechendes gilt auch für teilweise beruflich genutzten Wohnraum.

Tipp: Das Finanzgericht Köln vertritt mit seinem Urteil vom 19. Mai 2011 die Auffassung, dass die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer auch bei erheblicher Privatnutzung in Höhe des beruflichen Nutzungsanteils steuerlich abgezogen werden können. Das Finanzgericht stützt seine Entscheidung im Wesentlichen auf den Beschluss des Großen Senats des BFH zur Aufteilung von gemischt veranlassten Reisekosten.

Einstufung aufgrund der Zeitkomponente

Der Schwerpunkt der Berufstätigkeit eines Richters befindet sich eindeutig nicht im häuslichen Arbeitszimmer, selbst wenn er sich dort intensiv auf die Sitzungen und die Urteile vorbereitet und mehr als die Hälfte der Arbeitszeit dort im Büro verbringt. Ein Richter hat nach dem Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 08. Februar 2011 trotz der Neuregelungen über das Jahressteuergesetz 2010 seinen Arbeitsplatz in Form eines Dienstzimmers bei Gericht. Der Aufenthalt in der Wohnung bildet nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit. Berufsprägend für Zivilrichter und damit qualitativer Schwerpunkt sind die mündlichen Gerichtsverhandlungen und Erörterungen der Beweisaufnahme mit den Parteien.

Ohne Bedeutung ist nach Auffassung der Richter, ob mehr als 50 % der gesamten Arbeitszeit im Arbeitszimmer verbracht werden, denn dem zeitlichen Nutzungsumfang kommt keine entscheidende Bedeutung zu.
Zudem ist das häusliche Arbeitszimmer für notwendige Büroarbeiten nicht unverzichtbar, wenn diese im Dienstzimmer bei Gericht erledigt werden können. Wird dennoch vorwiegend zu Hause gearbeitet, beruht diese Entscheidung offensichtlich auf privaten Befindlichkeiten. Das BVerfG hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Abzugsverbot bei der zeitlichen Komponente vertretbar ist, da dies nur ein schwaches Indiz ist und es zudem an leicht nachprüfbaren, objektiven Anhaltspunkten für die Kontrolle der Angaben fehlt.

Tipp: Die eingelegte Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zur Klärung zu geben, ob die bisherige Rechtsprechung zum anderen Arbeitsplatz und Mittelpunkt der Betätigung auch auf die gesetzliche Neuregelung übertragen werden kann.

Lehrer mit freiberuflicher Nebentätigkeit

Ist ein Angestellter, wie zum Beispiel ein Lehrer, nebenbei noch freiberuflich, etwa als Schriftsteller tätig, bestimmt sich der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach deren qualitativem Schwerpunkt. Das Gesamtbild der Tätigkeit wird nach einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Münster vom 22. Februar 2011 durch den Hauptberuf geprägt, sofern dieser überwiegt und inhaltlich mit der Nebentätigkeit verbunden ist. Dabei sind zunächst jedoch die jeweiligen Betätigungsmittelpunkte der Einzelaktivitäten und dann auf dieser Grundlage der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln. Der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit wird durch die Ausübung des Lehrerberufs indiziert, der außerhalb des Arbeitszimmers in der Schule stattfindet.

Der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit wurde im entschiedenen Fall durch die Haupttätigkeit des Klägers, nämlich seine Lehrtätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers, indiziert. In der Rechtsprechung ist eindeutig geklärt, dass ein Lehrer den qualitativen Mittelpunkt seiner Tätigkeit in der Schule und damit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers hat. Zwar ist der qualitative Mittelpunkt der schriftstellerischen Tätigkeit im Streitfall im Arbeitszimmer zu sehen, doch reicht dies nicht aus, im Rahmen der Gesamtschau auch den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit dort zu verorten.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief September 2011.

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