Ausbildungs- und Studienkosten

Die Kosten für eine berufliche Erstausbildung und Erststudium

Seit dem Jahr 2004 sind Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium steuerlich nicht abziehbar, sofern diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Ausbildungskosten können daher nur als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Dabei beschränkt sich der Abzug auf € 4.000,00 pro Jahr und ist nur dann steuerlich wirksam, wenn die Person in dem entsprechenden Jahr Einnahmen erzielt und Steuern zahlen muss.

Der Bundesfinanzhof hat nun mit zwei Urteilen vom 28. Juli 2011 entschieden, dass die Ausbildungskosten auch Werbungskosten sein können mit der Folge, dass diese unbeschränkt abzugsfähig sind. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG stehe dem BFH zufolge einer Abziehbarkeit der Aufwendungen auch dann nicht entgegen, wenn es sich um beruflich veranlasste Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium handelt, das der Steuerpflichtige diese Berufsausbildung unmittelbar im Anschluss an seine Schulausbildung aufgenommen hat.

In dem einem der vom BFH entschiedenen Fälle ging es um einen Kläger, der bei einer Tochtergesellschaft einer Fluglinie die Ausbildung zum Berufspiloten durchlaufen hatte. Hierfür waren ihm Aufwendungen von fast € 28.000,00 entstanden. Der Kläger beantragte, in seiner Einkommensteuererklärung 2004, einen Verlustvortrag in Höhe der ihm entstandenen Kosten festzustellen. Er argumentierte damit, dass diese Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien.

In dem anderen vom BFH entschiedenen Fall hatte die Klägerin ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend ein Medizinstudium in Ungarn absolviert. Die Klägerin machte die ihr für das Studium entstandenen Aufwendungen ebenfalls als vorweggenommene Werbungskosten geltend und beantragte eine entsprechende Verlustfeststellung.

In beiden Fällen lehnten die Finanzämter die beantragten Verlustfeststellungen ab. Sie beriefen sich dazu auf § 12 Nr. 5 EStG, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nicht abziehbar sind. In beiden Fällen wurden Verfahren vor den zuständigen Finanzgerichten durchgeführt, in denen die Entscheidungen der Finanzämter bestätigt wurden.

Die gegen die Entscheidungen der Finanzgerichte eingelegten Revisionen waren jedoch erfolgreich. Der BFH entschied, dass aus § 12 Nr. 5 EStG kein generelles Abzugsverbot folge. Der BFH verwies auf den genauen Inhalt dieser Vorschrift, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium bei den einzelnen Einkunftsarten und vom Gesamtbetrag der Einkünfte nur insoweit nicht abgezogen werden dürften, als in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht etwas anderes bestimmt sei. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bestimme dem BFH zufolge jedoch etwas anderes. Denn danach greife der Grundsatz, dass Aufwendungen nur dann als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn nicht der vorrangige Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzug zur Anwendung kommt. In beiden Fällen seien aber die Kosten der Ausbildung hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit der Kläger veranlasst, so dass sie als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden müssten.

Tipp: Aufgrund dieser Entscheidungen des BFH ist es nunmehr in einer Vielzahl von Fällen möglich, die Aufwendungen für eine kostspielige Ausbildung oder ein Erststudium steuerlich geltend zu machen. Auch wenn die Ausbildung oder das Studium von den Eltern finanziert wird, kann man in den Genuss des Verlustvortrags kommen. Da die abziehbaren Ausbildungskosten regelmäßig von beträchtlicher Höhe sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber auf die BFH-Urteile reagiert. Auch ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung einen sog. Nichtanwendungserlass veröffentlichen wird. Unabhängig davon sollte aber jeder, der sich in der Ausbildung befindet, dafür sorgen, dass er ab sofort sämtliche Ausbildungskosten dokumentiert. Wer seit mehreren Jahren eine Ausbildung oder ein Erststudium absolviert und noch keine bestandskräftige Steuererklärung abgegeben hat, kann dies noch nachträglich für die letzten vier Jahre tun.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief September 2011.

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