Auswirkungen auf die Handelsbilanzen_des Jahres 2010

Zum 01. Januar 2010 ist das Handelsbilanzrecht umfassend reformiert worden. U. a. müssen steuerliche Wahlrechte nicht mehr übereinstimmend mit den handelsrechtlichen Wahlrechten ausgeübt werden. Aufgrund des bevorstehenden Jahresendes möchten wir auf diesem Weg noch einmal auf einige Ansatz- und Bewertungsvorschriften aufmerksam machen, die sich durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) geändert haben.

Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

Das bisherige umfassende Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wurde aufgehoben. An dessen Stelle ist ein spezielles Aktivierungsverbot für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlage- vermögens getreten. Für alle übrigen selbst geschaffenen immateriellen Vermögens- gegenstände des Anlagevermögens, wie z. B. Patente, Lizenzen oder Urheberrechte. besteht nun ein Aktivierungswahlrecht, das erstmals für Projekte, die im Geschäftsjahr 2010 begonnen werden, Anwendung findet.

Tipp: Dieses Aktivierungswahlrecht eröffnet Unternehmen mit hohen Entwicklungs- aufwendungen die Möglichkeit einer Verbesserung der Eigenkapitalquote, und damit des Bilanzbildes. Dies dürfte vor allem gegenüber Fremdkapitalgebern ein Vorteil sein. Steuerlich bleibt es jedoch beim Aktivierungsverbot, so dass die Entwicklungskosten – unabhängig von der Aktivierung in der Handelsbilanz – sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden können.

Bewertung von Pensionsrückstellungen

Ganz erhebliche Änderungen ergeben sich für die Bewertung von Pensionsrückstellungen. Während diese bislang in der Handelsbilanz ohne Berücksichtigung zukünftiger Kostensteigerungen und regelmäßig auf Basis des steuerlich relevanten Zinssatzes von 6 % angesetzt worden sind, sind künftig folgende Bewertungsregeln maßgebend:

  • Ansatz unter Berücksichtigung zukünftiger Lohn-, Gehalts- und Rentensteigerungen sowie

  • Abzinsung mit einem laufzeitkongruenten Zinssatz, welcher aus dem Marktzins abzuleiten ist. Alternativ zur Ermittlung des individuellen Marktzinses für jede einzelne Pensionszusage darf aus Vereinfachungsgründen auch mit einem durchschnittlichen Marktzins abgezinst werden, der sich für eine Laufzeit von 15 Jahren ergibt.

Die geänderten Bewertungsvorschriften sind erstmals für den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2010 anzuwenden. Hierbei sind folgende Wahlrechte zu beachten:

  • Ist die Pensionsrückstellung aufgrund der geänderten Bewertungsvorschriften zu erhöhen, so ist dieser Erhöhungsbetrag grds. im Jahr 2010 in voller Höhe erfolgs- wirksam zu erfassen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, diesen Betrag bis spätestens zum 31. Dezember 2024 in jedem Geschäftsjahr zu mindestens einem Fünfzehntel anzusammeln, so dass der Umstellungsaufwand zeitlich verteilt wird.

  • Ergibt sich bei Anwendung der geänderten Bewertungsvorschriften eine niedrigere Pensionsrückstellung, so kann der Auflösungsbetrag entweder unmittelbar erfolgs- wirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht oder wahlweise erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen eingestellt werden. Auf eine Auflösung der Rückstellung kann darüber hinaus verzichtet werden, soweit der aufzulösende Betrag spätestens zum 31. Dezember 2024 wieder zugeführt werden müsste.

Tipp: Auswirkungen auf die steuerliche Bewertung ergeben sich hierdurch nicht, da das Steuerrecht genaue Vorgaben hierzu macht. Durch das Auseinanderlaufen von handels- und steuerrechtlichen Ansatz bestehen zukünftig allerdings erhöhte Anforderungen an die Pensionsgutachten, welche dann ausdrücklich sowohl den handelsrechtlichen als auch den steuerlichen Wert berechnen und ausweisen müssen.

Sonstige Rückstellungen

Durch das BilMoG wurde das Wahlrecht abgeschafft, in der Handelsbilanz Aufwand- rückstellungen sowie Rückstellungen für Instandhaltungen, die im folgenden Jahr nach Ablauf von drei Monaten nachgeholt werden, zu bilden. Im Ergebnis erfolgt hierdurch eine Angleichung an die steuerlichen Regelungen.

Darüber hinaus sind bei der Bewertung von Rückstellungen künftig insbesondere folgende Regeln zu beachten:

  • Anzusetzen sind die Rückstellungen mit dem voraussichtlich notwendigen Erfüllungsbetrag, sodass zukünftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind

und

  • Abzinsung von Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr, wobei entsprechende Zinssätze von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht werden sollen.

Steuerlich ergeben sich insoweit keine Auswirkungen, da für die steuerliche Gewinn- ermittlung spezielle Bewertungsregeln existieren. Dies führt allerdings dazu, dass die handelsrechtlichen und die steuerlichen Wertansätze zukünftig stärker auseinander laufen und jedenfalls parallel ermittelt und fortgeschrieben werden müssen.

Handelsrechtlicher Herstellungskostenbegriff

Durch das BilMoG wurde das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht für die Materialgemeinkosten, die Fertigungsgemeinkosten und den Werteverzehr des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist, aufgehoben.

Damit wurde die handels- rechtliche an die steuerliche Herstellungskostenuntergrenze angeglichen. Gleichzeitig wurde der handelsrechtliche Herstellungskostenbegriff an den produktionsbezogenen Vollkostenbegriff der internationalen Rechnungslegung angenähert.

Zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten zählen somit künftig neben den Materialeinzelkosten, den Fertigungseinzelkosten und den Sonderkosten der Fertigung auch die Materialgemeinkosten, die Fertigungsgemeinkosten und der Werteverzehr des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlasst ist. Wie bislang auch besteht ein Aktivierungswahlrecht für angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung, der Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebes sowie der Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen und die betriebliche Altersversorgung. Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht in die Ermittlung der Herstellungskosten einbezogen werden.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie im Mandantenbrief November 2010. 
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