Ohne Moos nix los? – Kein Geld vor Vertragsschluss

OLG Nürnberg, Urteil vom 30.01.2024, Az. 3 U 1594/23

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat dem Betreiber des Netto-Onlineshops untersagt AGB zu verwenden, nach denen – trotz geleisteter Zahlung als „Vorkasse“ – ein Kaufvertrag erst mit Lieferung der bestellten Waren zustande kommen sollte.

Der Discounter Netto betreibt neben Filialen über die NeS GmbH auch einen Shop im Internet. Hier können Kunden durchaus auch hochpreisige Produkte zu einem Preis von über € 1.000,00 erwerben.

In dem Onlineshop war auch die Bezahlmöglichkeit „per Vorkasse“ vorhanden, wonach die Kunden den vollen Rechnungsbetrag innerhalb von sieben Tagen nach der Bestellung zu zahlen hatten. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Discounters, die der Kunde vor Vertragsschluss akzeptieren musste, war eine Klausel enthalten, wonach der Kaufvertrag „erst mit Zusendung der bestellten Waren“ zustande kommen sollte. Als Lieferzeiten war für Paketsendungen „ca. 1 bis 3 Werktage“, für Speditionssendungen „ca. 10 Werktage“ angegeben. Bei der Auswahl der Zahlungsoption „Vorkasse“ sollten sich nach den AGB die Lieferzeiten noch um drei Werktage verlängern und am Tag der Zahlungsanweisung beginnen.

Da eine solche Geschäftspraktik dem kaufrechtlichen Grundgedanken des BGB und dem rechtlichen Vertragsschluss entgegensteht, sah der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in der verwendeten AGB-Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers und klagte auf Unterlassung der Geschäftspraktik.

Die Klage hatte erst in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht Erfolg, nachdem sie zuvor vor dem Landgericht noch gescheitert war.

Die OLG-Richter befanden, dass durch die Zahlungsaufforderung vor Vertragsabschluss Verbraucher benachteiligt würden, da sie, wenn das Unternehmen nicht lieferte, zwar ihr Geld hätten zurückverlangen, nicht aber auf die Lieferung bestehen oder Schadenersatz verlangen können. Dies hätte zur Folge, dass Kunden das als Vorkasse gezahlte Geld über einen längeren Zeitraum entbehren müssten, ohne sicher zu sein, dass die Ware geliefert werde. Sie seien im Hinblick auf ihre Erfüllungs- und Ersatzansprüche weitgehend schutzlos gestellt, so die Richter.

Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass die Kunden nicht erkennen könnten, wie lange sie an ihre Bestellung gebunden seien und wie lange das Unternehmen befugt sein sollte, ihr durch die Bestellung abgegebenes Angebot noch anzunehmen. Da die Lieferzeiten nur als „Circa-Fristen“ angegeben waren, hätten sie selbst nach deren Ablauf keine Gewissheit.

Ob das Urteil zwischenzeitlich rechtskräftig ist, ist diesseits nicht bekannt.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Juli 2024.

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